Machtzentrum Bundesnachrichtendienst Berlin

Großmacht- oder Großmaulallüren?

Berlin realisiert das, was die Skeptiker der deutschen Wiedervereinigung und die Kritiker deutscher EU-Politik befürchtet haben: Das Erstarken Deutschlands und das Sich-Erheben über andere. Schließlich wurde gerade wieder berichtet, dass die Exportzahlen und die damit verbuchten Gewinne so hoch sind wie nie. Deutschland ist nun einmal wirtschaftlich Klassenbester in der EU und so glaubten und glauben die Regierenden bis heute, sich das Recht des Besserwissens herausnehmen zu können und mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein als Moralapostel zu allen Themen und überall auftreten zu können.
Wieviel Porzellan damit in der EU, den USA und Russland zerbrochen wurde, beweisen die europäische Uneinigkeit, beispielhaft dafür der Brexit, und der Kommu-nikationsverlust mit den USA und Russland.
Haben sich nicht tatsächlich die Ängste Großbritanniens und Frankreichs teilweise bestätigt, dass das vereinte Deutschland wieder Großmachtallüren entwickeln könnte? Ich möchte die Ängste ein wenig zerstreuen. Schauen wir uns die Themen Migration, Klima, Bundeswehr, Energie, Bildung, Gesundheit, Wohnen, Infrastruktur, Lohn, Rente, Reichtum, Armut an, so reduzieren sich die befürchteten Großmachtallüren auf lästige deutsche Großmaulallüren in der EU, mit denen anderen klargemacht werden soll, wie Politik geht.

Die neue Zentrale des BND in Berlin (Bild: Andi Weiland, Lizenz Creative Commons CC BY-SA 4.0)

Sichtbar wird der tiefe Wunsch deutscher Machteliten nach Weltgröße und bundesdeutscher Wichtigkeit an der in Stein gemeißelten Darstellung des Bundesnachrichtendienstes. Da schreckt man selbst nicht davor zurück, es sich in Sachen Baukunst ausgerechnet auf den Stühlen der nationalsozialistischen Giganto-manie bequem zu machen. So eröffnete Angela Merkel vor einigen Tagen das gigantische und schreckliche Gebäude des BND in Berlin Mitte, „das auf einer Bruttogrundfläche von 260.000 Quadratmetern (gleich 36 Fußballfeldern) 4.000 Büros beherbergt. Es ist einer der größten öffentlichen Bauten Europas, angeblich der größte Deutschlands mit 14.000 Fenstern mit jeweils 75 Zentimeter Breite – drei pro Standardbüro.“ 1.200 Mitarbeiter des BND finden scheinbar den Umzug in das Mammutgebäude wenig attraktiv und verbleiben in Pullach (Bayern).

Prora Anlage auf Rügen

Der Berliner Gebäudekoloss steht in Konkurrenz zu dem in Prora auf Rügen, den Hitler als größtes Gebäude der Welt erst als „Bad der Zwanzigtausend“, dann als Lazarett für Kriegsversehrte geplant hatte.
Hier sollte das Menschenmaterial generalüberholt werden, damit es seine Produktivität bewahrte – erst in Friedens-, dann in Kriegszeiten. Auch die Ferienmaschine war dem großen Ziel untergeordnet. Alle Zimmer liegen zur Seeseite hin, pro Block macht das 1.118 Fenster. Bei den noch fünf vorhandenen Blocks macht das 5.590 Fenster bei einer Bruttogrundfläche von 68.000 m² und einem 475.000 m² großen Dünenareal.

Gebäude des BND in Berlin – Bild: Wikimedia Commons / euroluftbild.de/Grahn CC-BY-SA-3.0-DE

Wer auch immer Sprüche über den Größenwahn und die Bauwut im Nationalsozialismus klopft, darf sich jetzt an der Gigantomanie des deutschen Geheimdienstes abarbeiten. Nach allem, was diese Behörde bisher zuwege brachte, ausspionierte und in den Sand setzte, darf man schon heute auf die gigantische Arbeit der gigantischen 4.000 im gigantischen Gebäude gespannt sein. Immerhin konnte sich der BND den ersten Platz für das größte Gebäude Deutschlands und Europas sichern. Allein in Sachen Hässlichkeit konnte es gegenüber Hitlers Kolloss in Prora nicht punkten.
Macht nichts, meint Merkel. Das Kanzleramt hat dem BND schon einmal 400 Millionen Euro für zwei Satelliten bewilligt. Im Jahr 2022 sollen diese Hochtechnologie- und Geheimdienstsatelliten in den Orbit geschossen werden, um innerhalb von 24 Stunden jeden Punkt der Erde überwachen zu können. Schließlich – so Merkel – kann sich Deutschland nicht mehr auf andere verlassen und muss allein für seine Sicherheit sorgen.
Ein bisschen Größenwahn muss halt sein. Er passt zu Merkels alternativlosem Absolutheitsanspruch mit ihrer Aussage: „Ich weiß nicht, was ich hätte anders machen sollen.“

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